„Bau-Turbo“ muss sich jetzt in der Praxis bewähren

Die Kräne sollen sich wieder drehen. Mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung – besser bekannt als „Bau-Turbo“ – will der Gesetzgeber die Planungs- und Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau vereinfachen und beschleunigen. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an.

Das Gesetz sieht befristete Erleichterungen vor und verlängert zugleich bestehende Schutzmaßnahmen für den Mietwohnungsmarkt. Künftig können Gemeinden in Gebieten mit bestehendem Bebauungsplan Bauvorhaben abweichend von den bisherigen Festsetzungen zulassen, sofern diese dem Wohnungsbau dienen (§ 31 Abs. 3 BauGB). Eine vorherige Feststellung eines angespannten Wohnungsmarktes ist dafür nicht mehr erforderlich, entscheidend ist die Zustimmung der Gemeinde.

Auch in bebauten Innenbereichen ohne bestehenden Bebauungsplan können Gemeinden künftig Ausnahmen zulassen. Wenn die Erweiterung, Änderung oder Erneuerung bestehender Gebäude der Schaffung oder Wiederherstellung von Wohnraum dient, kann vom bisherigen Einfügungsgebot abgesehen werden. Selbst bei der erstmaligen Errichtung von Wohngebäuden sind Befreiungen möglich. Dabei müssen nachbarliche Interessen berücksichtigt werden und das Vorhaben muss mit öffentlichen Belangen vereinbar sein.

Ein besonders weitreichendes Instrument ist der neu eingeführte § 246e BauGB. Bis Ende 2030 können Gemeinden abweichend von den Vorschriften des Baugesetzbuchs Bauvorhaben zulassen, die der Schaffung oder Wiederherstellung von Wohnraum dienen, beispielsweise durch Neubauten, Sanierungen oder Nutzungsänderungen. Sogar im Außenbereich kann künftig unter bestimmten Voraussetzungen Wohnungsbau ermöglicht werden, was bislang nur für privilegierte Vorhaben zulässig war.

Sven Häberer, Fachanwalt bei der Kanzlei Müller Radack Schultz, kommentiert: „Die Fülle an Regelungen, die das Ziel des Wohnungsbaus und den Erhalt bestehenden Wohnraums verfolgen, ist erfrischend.“ Allerdings könnten unklare Formulierungen wie „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ oder „Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen“ – wie schon in der Vergangenheit – für die Einschränkung von Bauwünschen genutzt werden.